Gerade Schiedsrichter brauchen starke Nerven und eine dicke Haut. Josef Plöger ist einer von ihnen und beantwortet uns einige Fragen zum Schiedrichter-Treiben beim SV 21 Blau-Weiß Brenken.
Gute starke Nerven sind in jedem Fall gut, aber eine dicke Haut? Ich weiß nicht so recht, bei einem Spiel, einer Spielleitung um in den Schiri Jargon zu kommen, müssen alle Antennen sensibel auf Empfang stehen.

Wie lange bist Du schon und wie wird man eigentlich Schiedsrichter?
Im November werden es 20 Jahre sein. SR zu werden ist einfach. Du meldest Dich zu einem Kurs der Schiedsrichtervereinigung an, es werden 2 Kurse pro Jahr angeboten. Üblicherweise erfolgen die theoretischen Vorbereitungen abends in den Räumen der Uni Paderborn. Am Ende kommen 30 Regelfragen, da solltest Du max. 8 Fehler haben, und einige Lauftests. Sprint über 50, 100 & 200 Meter und zum Schluss 1.200 Meter. Das sollte man schaffen, und es kann losgehen mit dem Pfeifen.

Was hat dich dazu bewegt Schiedsrichter zu werden?
Unser Sohn Timo, wie auch später Simon, hat hier beim SV 21 Blau-Weiß Brenken gespielt. Bei Auswärtsspielen haben damals die Gästebetreuer gepfiffen. Das habe ich manchmal übernommen. Und als ehemaliger Spieler, lang ist´s her, habe ich es offensichtlich nicht so schlecht gemacht. Ernst Brüggemann hat dann auch noch mitgemacht. Jedenfalls hat dann unser damaliger Vorsitzender Hermann Wolf die Anmeldung getätigt.

Bereitest Du Dich besonders auf eine Partie vor?
Ich schaue hin und wieder bei FuPa.net nach: Ist es ein Ortsderby, Tabellennachbarn, handelt es sich um ein Auf- bzw. Abstiegsspiel oder hat eine Mannschaft seit einigen Spielen nicht gewonnen. Die eigentliche Vorbereitung ist aber mehr durch die ca. 8-10 Schulungen, die jedes Jahr durch unsere Schiedsrichtervereinigung angeboten werden, gegeben. Dort werden aktuelle Themen besprochen, wie etwa spezielle Regelschwerpunkte. Dazu kommen noch einige Video-Szenen, die kontrovers diskutiert werden. In dieser Runde reflektieren wir auch unsere eigenen Spiele.

Ab wann kann man als Schiedsrichter pfeifen?
Du kannst dich ab 14 Jahre zum Kurs anmelden.

Wie viele Schiedrichter pfeifen für den SV 21 Blau-Weiß Brenken ?
Wir sind zu viert, neben mir pfeifen noch Ingo Günzel, Fabian Wolf und Katharina Kolle.

Welche Stärken sind für einen Schiedsrichter enorm wichtig?
Grundlage ist eine körperliche und geistige Fitness, sowie ein sicheres Regelwissen. Zudem ist es hilfreich im Spiel mit dem einen oder anderen Spieler positiven Kontakt aufzunehmen. Mit dieser Basis, gepaart mit einer deutlichen Körpersprache, klarer Handzeichen, Glaubwürdigkeit, etc. sollte die Spielleitung gelingen. Die Spieler wollen gerecht und respektvoll behandelt werden. Ich sieze grundsätzlich auf dem Platz. Kreisliga A Spieler trainieren in der Regel zweimal die Woche, Laufen sollte man über 90 Minuten draufhaben. Ich laufe zwischen 6 – 9 km bei einem Seniorenspiel.

Du musst auch entscheidungsfreudig sein und keine Angst vor Entscheidungen haben. Du beobachtest eine Szene, und die Entscheidung muss spätestens nach 3 Sekunden, soviel Zeit wird uns vom Regelwerk eingeräumt, getroffen sein. Übrigens auch wenn der SR nicht pfeift, hat er eine Entscheidung getroffen. Was denn nu ???, richtig, er hat weiterspielen lassen. Das spielt übrigens in der öffentlichen Diskussion überhaupt keine Rolle, erstaunlich oder?

Leider liest man immer wieder von Problemen mit Pöbeleien und Angriffen auf Schiedsrichter. Bis Du diesbzgl. schon mal an Deine Grenzen gestoßen?
Fußball ist ein emotionales Spiel mit Körperkontakt. Was für die eine Partei “Clever“ ist, ist für die andere Partei “Provokant“. Dieser Zustand ist normal. Normal ist auch, dass wir in Deutschland nicht nur ca. 80 Millionen Bundestrainer, sondern auch eine gleich hohe Anzahl von Schiedsrichtern haben. Was nicht normal ist, wenn diese ausarten zu Beleidigungen und körperlicher Gewalt. Der SR ist nur zuständig für das was auf dem Platz passiert. Und bedenke, wir sind völlig allein auf dem Platz, sogar der Linienrichter ist ein sogenannter “Nichtneutraler Assistent“. Ich reagiere grundsätzlich nicht auf das, was ein Zuschauer sagt. Wäre ja noch schöner, wenn ich mich provozieren lassen würde. Problematisch wird es, wenn die Spieler sich von diesen Dingen anstecken lassen (härtere Gangart, mehr Foulspiele, etc. es schaukelt sich auf). Nach Möglichkeit dann keine persönlichen Strafen aussprechen, sondern zu den Spielern sagen: „Was da draußen passiert geht uns nichts an, wir 23 auf dem Platz, bleiben ruhig“. Aber es gibt Spiele, auch solche wo es einfach so passiert, da klappt das nicht. Da kannst Du pfeifen was Du willst, es passt nicht. Dann hilft nichts mehr, dann auch nicht mehr mit den Spielern reden, nur noch pfeifen, Karten verteilen, und irgendwann ist das Spiel um.

Was war Dein bisheriges Highlight als Schiedsrichter, bzw. woran erinnerst Du Dich gerne zurück?
Mehrere Highlights. Jugendspiele z.B., bis zu Pubertät, Spiele der Damenmannschaften, die sind eigentlich von großer Fairness geprägt. Es gibt auch Mannschaften, die sind einfach sympathisch, die kennen, so glaube ich, das Wort meckern überhaupt nicht. Oder wenn ein Spieler nach dem Spiel kommt, und sagt: „Schiri, wir haben durch den Elfer verloren, ich habe auch gemeckert, aber der war berechtigt“.

Gibt es noch etwas was Du den Lesern mitteilen möchtest?
Ja. Wir wollen durch dieses Interview das Interesse am Schiedsrichterwesen insgesamt steigern. Wenn sich heute ein junger Mensch als SR bewirbt, wird er von uns und besonders von den SR-Lehrwarten gefördert. Wenn er will, kommt er zu DFB Lehrgängen und kann aufsteigen. Auch die heutigen Bundesliga SR haben klein angefangen. Dazu kommt ja auch eine, wenn auch kleine Aufwandsentschädigung, Kreisliga 24€ pro Spiel plus Fahrtkosten, und weiter haben alle SR zu Spielen des DFB freien Eintritt. Das ist doch für junge Leute ein schönes nebenbei Taschengeld. Ich kenne junge SR, die pfeifen sich so einiges zusammen.

Zukunftsaussichten:
Der SR gehört als 23. Sportler auf den Platz und ist beim Fußballspiel überhaupt nicht wegzudenken. Heute sprechen wir von Spielleitungen, und das erfordert Persönlichkeit. Unsere heutige Gesellschaft will doch genau diese Art von Persönlichkeit, die ein guter SR verkörpert. Jedes Spiel ist eine Herausforderung, eine Möglichkeit zur Persönlichkeitsbildung. Also damit für jede Bewerbungsmappe ein dickes Plus.